Episode #19: Stoff´n

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Episode #19: Stoff´n
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In der heutigen Episode spreche ich mit Katja, Inhaberin des Online-Shops Stoff´n, über das individuelle Bedrucken von Stoff. Es super spannend, wie das alles funktioniert und welche Möglichkeiten sich eröffnen. Katja und ich hatten ein Hang zum Abschweifen, daher ist es wirklich ein langes Gespräch zwischen zwei Näh- und Stoffnerds geworden. Wir hoffen, euch gefällts. Viel Spaß beim Hören!

Steckbrief

Name: Katja Locke

Alter: Laut aktuellen Berechnungen 43. Ich halte das für Fake News.

Ich komme aus: Ick bin waschechte Berlinerin, Ost-Berlinerin.

Ich nähe/stricke seit: Erst durch Stoffn hab ich zum Nähen gefunden. Davor nicht. Es ist eher als wäre ich wie die Jungfrau zum Kinde gekommen mit den Stoffen. Der Anfang war allerdings auch sehr zurückhaltend. Ich wollte. Nicht das Junkie-Drogen-Dealer-Problem haben. Umgeben von Stoff nur noch meinen Gelüsten nachgehen und meine Kunden aus dem Blick verlieren. Inzwischen denke ich, Nähen hat meinen Kundenblick eher geöffnet. So richtig mit Leidenschaft nähe ich schätzungsweise seit 5 Jahren.

Meine Nähmaschinen/Stricknadeln: Ich hab eine ganz simple Toyota-Nähmaschine. Nothing fancy. Ein Einsteigermodell. Sie arbeitet zuverlässig und murrt bisher nicht.

Hier findet Ihr mich: Mich persönlich findet man eher nicht. Stoffn ist natürlich auf www.stoffn.de unterwegs sowie auf Twitter (@stoffn) und Instagram (@stoffn.de). Allerdings kann ich mir nicht verkneifen dort auch als Person von Zeit zu Zeit in Erscheinung zu treten sei es als Meinung oder, falls ich mal wieder ein #WeekendSewing-Projekt teile.

Fun-Fakt über mich: Als ich im Kindergarten war, wollte ich Modedesignerin werden. Karl Lagerfeld hatte schließlich die selben Initialen wie ich. Das war damit quasi besiegeltes Schicksal. Ich mag Klamottenkarl noch immer sehr und schätze seinen flinken Geist. Für mich entwarf ich gerne, aber fürs Modebusiness, ständig neu, ständig anders wäre ich nicht geschaffen. Ich liebe die Beständigkeit.

Shownotes

*Werbung: Die heutige Episode dreht sich rund um den Online-Shop von Katja und damit ist das Eigenwerbung für Sie. Katja nimmt ganz ohne Gegenleistung an meinem Podcast teil und auch ich habe keine Gegenleistung erhalten, damit ich Sie einlade….ich habe etwas wichtiges von Ihr geschenkt bekommen, ihre Zeit.

Aktuelle Projekte

Katja: ein endloser Stapel von WIP

  • Tunika für meine Mutter mit selbstkonstruiertem Schnitt und selbstdesignten Muster → (Bildlink Designskizze
  • #JungleJacket – Dschungelstoff mit geändertem Burda-Schnitt 118A aus der 10/2017 → (Bildlink
  • Wintermantel in Sonnengelb, liegt seit letzten Sommer hier als genähtes Probestück  
  • Sonnenhut, eigene Konstruktion (WIP)
  • Visible Mending also schön Reparieren 1 Pullover, 1 Strickjacke, weil ich das auf Twitter entdeckt habe


jüngst fertig genäht:

Claudia:

In Planung

Katja:

  • Bluse VoguePatterns V1704
  • Vintage-Bluse aus Burda 10/2018 → Bildlink (Yayoi Kusama heißt die jap. Künstlerin)
  • Eine Patchwork-Tasche, die ich in einer alten Ausgabe des CUTmagazins gefunden habe. Vielleicht nicht exakt die, aber das Prinzip. Die Tasche ist nicht flach, sondern die Patches erzeugen eine 3-Dimensionalität/ Krümmung wie die 5- und 6-Ecke bei einem Fußball

Claudia:

Der Regisseur und Perfektionist mit der Seidenunterwäsche ist Dtanley Kubrick.

Neuzugänge

Katja:

Claudia:

  • Sportlycra in grün und in einem blumigen Retrodesign von spoonflower
  • Schwarze Spitze und Tütelkram von Wien2002
  • Zwei Schnittmuster habe ich zum ersten mal Plotten lassen und zwar hier

Thema des Monats: Stoffn

  • Wie kamst du zu der Idee? 

Ich bin Diplom Produktdesignerin und arbeitete nach der Uni in einem Berliner Designbüro. Einer Erkenntnis war, dass Kunden Design nicht delegieren wollen. Sie selbst designen, doch oft fehlt ihnen Zugang zu Technik. Weil ich nicht happy war in dem Job, suchte ich eine Geschäftsidee. Was würden “Nicht-Designer*innen” gerne selber gestalten, wozu es die notwendige Technik längst gibt, die aber nur Profis zugänglich ist? Mit kurz vor 30 – also akute Nestbauphase – stand ich in meiner Wohnung und überlegte. Das meiste war aus Textil. Die Antwort war also Stoffdruck 🙂 Gedacht. Getan.

  • Was unterscheidet dich von spoonflower?

Auf Banaler Ebene – die Größe. Das ist David und Goliath hoch 10. Technisch unterscheiden wir uns im Druckverfahren. Spoonflower nutzt Pigmentdruck. Das ist wie das Kind aus Digitaldruck und Siebdruck. Dicke Tinte wird oberflächlich auf Stoff aufgetragen und mit Druck und Wärme (quasi Bügeln) fixiert. Geht schön schnell, auf fast allen Stoffen ohne extra Vorbehandlung, hat aber den Nachteil der geringeren Haltbarkeit. Der Vorteil hat Nachteile. Einmal die Haptik. Frisch gedruckt  spürt und riecht man die Farben. Gerade für leichte Tücher wie Seide stört das.  Ähnlich wie beim Siebdruck kann Reibung den Druck abreiben und Farben bluten beim Waschen aus. 

Stoffn nutzt Digitaldruck mit Tinten, die ihren Ursprung in der Seidenmalerei haben. Die nennen sich reaktive Tinten. Die sind super flüssig, ziehen in die Fasern ein und werden dort fixiert. Dadurch spürt man den Druck nicht, er reibt sich nicht ab und blutet nicht aus in der Wäsche. Man kann die Stoffe ganz normal waschen – nix mit Handwäsche ultra Feinwaschmittel. Auch hier kommen Vorteile mit Nachteilen. Die reaktiven Tinten funktionieren nur mit Naturfasern – Baumwolle, Leinen, Seide und Viskose. Ok, das ist nicht wirklich ein Nachteil. Der Prozess ist aufwändiger. Es braucht Vorbehandlung, Dampffixierung (Sauna für Textilien 🙂 ), mehrere Waschgänge, Finish. Das schlägt sich in Zeit und Kosten nieder. Braucht lange, halt lange.

  • Wie wählst du deine Stoffe?

Die Technik setzt Grenzen. Nur Naturfasern, wobei mir das auch persönlich mehr als recht ist. Ich bevorzuge natürliche Stoffe und wenn Bio vs. konventionell zu Wahl stehen, gibts die Bio-Variante.

Die Stoffe müssen glatt sein. Sobald Fluff, Flausch, irgendeine Form von auf und ab im Textil sind, kann der Druck nicht mehr gleichmäßig und scharf aufgetragen werden. Der Druck ist im Prinzip ein riesiger Tintenstrahldrucker und wie bei jeder Spühdose wird der Strahl breiter je weiter er sich von der Düse entfernt. Das sind nicht mal Millimeter, aber man siehts eben doch. Schade für all die Flauschträume aus Samt, Fleece, Plüsch.

Dritter Punkt ist die Nachfrage nicht nur auf Stoffn sondern generell. Wir drucken mit Partnern, die sonst halt für große Modeunternehmen drucken. Werden Stoffe ins Sortiment genommen, haben sie eine begrenzte Haltbarkeit wegen der Vorbehandlung. Wenn die kippt, hat man bei zu geringem Absatz teuren Müll. Das wäre nicht nachhaltig.

Beispiel:

Vor drei Jahren hatte ich einen ganz tollen Stoff ins Sortiment genommen. Der war großartig. Wunderschöner Struktur, toller Griff, hautfreundlich, nicht zu knitteranfällig, im gegenteil der fiel fantastisch. Schockverliebt ins Sortiment genommen und dann Grillen zirpen. Die Nachfrage war nicht da. Heute lese ich ständig begeisterte Blog- oder Instaposts von genähten Sommerblusen und -kleidern aus genau dem Material. 

*Trommelwirbel*  Leinen-Viskose

Stoffn war einfach zu früh dran. Damals war die Nähcommunity mit dem Material noch nicht vertraut. Vielleicht lässt sich ein Revival organisieren.

  • Wie funktioniert Stoffe bedrucken?

Die Technik, also digitaler Textildruck, ist im grunde eine größere Version der Tintenstrahldrucker, die man von zu Hause oder aus dem Büro kennt. Theoretisch – machs nicht! – könnteste du einen Streifen Stoff in deinem Drucker bedrucken. Vorsicht, nicht machen, sonst geht dein Drucker kaputt wegen Fusseln, Falten, Papierstau etc. Fürs Gedankenexperiment ist der Teil fast identisch. Eine Motiv wird in einem Zug aus mehrere Farben zusammen gedruckt. Bei Papier CMYK. Bei Stoff noch zwei, drei mehr. Würdest du den DIY-Druck dann waschen, wärs allerdings vorbei mit der Freude. Farbe wieder weg. Die Herausforderung ist nicht nur der Farbauftrag, sondern man muss mit dem schnellen Flirt eben eine feste Beziehung aufbauen, also die Farbfixierung. 

Dafür wird der Stoff vorbehandelt. Analog zum Flirtvergleich gibt erstmal Beinerasieren. Der Stoff muss möglichst glatt sein, für scharfe Drucke. Dafür wird rasiert oder geflämmt, also mit Feuer entfusselt. Dann bekommt er die Vorbehandlung. Die enthält unter anderem eine Dickmittel. Wenn die flüssige Tinte darauf trifft, vermeidet das ein unkontrolliertes Auslaufen. Wir wollen ja scharfe Motive und nicht eine Sammlung von wilden Rotweinflecken. Die Vorbehandlung enthält auch Stoffe für die Farbreaktion. Wir erinnern uns – die Tinten heißen reaktive Tinten. Vorbehandlung + Tinte = gewünschte Farbe. Nach dem Druck, in der Stoffsauna, die Dampffixierung, bewirkt der Mix aus Hitze und Wasserdampf, dass die Reaktionsfähigkeit der Tinte quasi ausgeschaltet wird. Ohne Dampffixierung würden sich die Farben wie im Gedankenexperiment DIY-Druck auswaschen. 

Nach der Sauna gehts ins Wasser auch für Stoffe. Die Waschgänge haben auch noch mal einen Einfluss aufs Ergebnis und vor allem, soll die Vorbehandlung, der Dickmacher raus aus dem Stoff.

Dann trocknen, alles schön glätten. Jerseys bekommen dann noch die Kanten geschnitten. Das hast du vielleicht schon mal bemerkt, dass die Ränder bei Jerseys keine Webkanten haben. Genau wie wir Menschen an der Nähmaschine leiden unter sich einrollendem Jersey, ist das auch in der Produktion ein Problem. Damit die Ränder glatt bleiben und die Maschinen sie greifen können, wird eine Flüssigkeit aufgetropft. Die trocknet und versteift die Ränder und am Ende der Produktion werden diese Ränder dann abgeschnitten.

Also doch etwas komplexer als mit Papier Strg + Print 🙂

  • Welche Möglichkeiten und Grenzen gibt es?

Die Technik bietet unglaublich viele Freiheiten. Früher bzw. noch heute im Rotationsdruck musste man sich an bestimmt Rapportformate halten oder musste sich in den Farben einschränken, weil jede Farbe extra Kosten bedeutet. Mit Digitaldruck werden die Farben im Druck gemischt und ob dein Musterrapport nun quadratisch 10 cm x 10 cm  ist oder fancy Querformat hat wie 3 cm x 75 cm ist egal. Wies passt passts.

Es gibt eine Grenze – das sind Sonderfarben wie Metallic, Neon, im Dunkeln leuchtend oder ähnliches. Das lässt sich nicht aus CMYK und Blau, Rot, Orange, Grau mischen. Das sind Spezialfarben. Dafür ist Siebdruck klasse. 

Auf industrieller Ebene bzw. Großproduktion wäre Neon schon machbar. Man würde eine Tinte austauschen z. B. Orange gegen Neonorange. Dann würde man ein Farbprofil nur für diese Produktion erstellen. “Normale” Drucke können dann erstmal nicht bearbeitet werden. Da hat der private Kleinbedarf das Nachsehen. Die Kosten sind wegen des Aufwandes immens. Da bewegen wir uns jenseits von Gut und Böse. 

Sonst Fotos, Handzeichnungen, Grafiken, Text – was auch immer wir heute mit unseren PCs und Tablets gestalten können, lässt sich auch drucken.

  • Erzähl mal, ich geh auf deine Website und dann?

Du gehst mit deinem Design auf die Website und lädst es in den Muster-Gestalter hoch. Es gibt auch ein Videotutorial, was dir dabei hilft. Dann musst das Design in einen sog. Raport gebracht werden, auch hier hilft dir das Programm. Wenn du alles hochgeladen hast, schaut Katja auch nochmal drüber und fertig ist alles. Da dein Design auch zu dir als Designer*in zugeordnet werden soll, ist es nötig ein Kundenkonto anzulegen. So erfährt deine Idee einen Schutz.

Hier findest du Stoff´n 🙂

Website: www.stoffn.de

Instagram: https://www.instagram.com/stoffn.de/

Twitter: https://twitter.com/stoffn

Empfehlungen:

Katja:

Es gibt zum Beispiel eine zur der klassischen Cat-Eye-Brille, die ursprünglich Harlequin-Brillen hießen. Das Leben der bzw. die Schöpferin selbst klingen faszinierend. Ein Frau geht ihren Weg! Offenbar war sie ein Multitalent. x  Mal verheiratet, zuletzt einen deutlich jüngeren Latin Lover – ich sag ja:  inspirierend 🙂

  • für Netflix-Abend gibt es Filme über Modeschöpfer
    • Halston mit Ewan McGregor als der gleichnamige, amerikanische Designer
    • Wonder Boy über den Chefdesigner von Balmain
    • zwar nicht Mode aber trotzdem gut the ANDY WARHOL Diaries

Claudia:

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